(mmm) Jedes Jahr erscheinen Tausende Bücher in Deutschland, der Umsatz der Branche bleibt mit einem Plus von 0,8% im Jahr 2024 solide – und doch liest man immer wieder von Krisen auf dem Buchmarkt, wohl auch, weil die Umsatzerlöse wenig über die Wirtschaftlichkeit der Branche aussagen. Steigende Kosten machen den Buchhändlern zu schaffen. 2024 waren die Buchverkäufe erneut rückläufig, allein die höheren Preise sorgten für eine positive Bilanz. All‘ das ficht Bernhard Schultz, 1983 einer der Mitbegründer des Buch-Cafés „Peter & Paula“ (damals noch in der Kirchgasse), nicht an. Wohl auch, weil er zusammen mit Ehefrau Anne Gansen, seit 1995 die alleinige Inhaberin und Seele der Buchhandlung, ganz eigene Wege mit der wohl ältesten inhabergeführten Buchhandlung in Ratingen geht.
Denn „Peter & Paula“ ist kein durchgestyltes Buch-Kaufhaus mit einheitlichem Store-Design. Auf den gut 100 Quadratmetern Verkaufsfläche atmet jedes Regal, jede Präsentation und jede Ecke den Geist der Inhaberfamilie. Ein kundig kuratiertes, dennoch breites Vollsortiment (mit einem Schwerpunkt auf Kinderbüchern), fair gehandelte Gepa-Produkte, ein großes Sortiment an Postkarten sowie viele Kleinigkeiten rund um das Thema Buch machen „Peter & Paula“ zu einer echten Fundgrube für eine kontinuierlich wachsende Stammkundschaft.
„Das besondere Konzept des Buch-Cafés ist es, so etwas wie ein ‚zweites Wohnzimmer‘ für all jene zu sein, die sich hier wohlfühlen möchten“, erklärt Anne Gansen. Dieser Wohlfühl-Moment beginnt für mich bereits vor der Tür der Buchhandlung mit einer Tasse Kaffee und dem Blick auf den kleinen Brunnen davor auf einer der Sitzbänke des Buch-Cafes. Bernhard Schultz, engagiert in der Kommunalpolitik und leidenschaftlicher Kultur-Netzwerker („Tragödchen“) weiß, was der Ratinger Stadtgesellschaft unter den Nägeln brennt, während man sich mit Anette Gansen wunderbar über Belletristik-Neuheiten informieren kann. Und auch im Ladenlokal selbst gibt es neben einem Klavier kleine Ecken, in denen man sich setzen, einen Kaffee trinken und prima entschleunigen kann
Kultur-Verstärker
„Die Konkurrenz kommt und geht, ‚Peter und Paula‘ bleibt“, sagt Schultz selbstbewusst. Das Buch-Café ist insbesondere aus dem kulturellen Leben Ratingens nicht mehr wegzudenken. Bestes Beispiel als Kultur-Verstärker ist die Veranstaltungsreihe „Ratinger Tragödchen“, die jeden Donnerstagabend ab 20 Uhr Konzerte, kleine Theaterstücke und szenische Lesungen veranstaltet. Da wird aus dem stattlich geprüften Betriebswirt Bernhard Schultz der Musiker, „Tragödchen-Direktor“ und Veranstaltungsmanager. Zu Gast waren seit 2008 so bekannte Größen wie die Schauspieler Günter Lamprecht und Rolf Berg oder Musiker wie Klaus Gutjahr und Nick Nikitakis. Mit im Team ist auch Sigi Domke, Co-Autor für Herbert Knebel.
Drittes Standbein von „Peter und Paula“ ist die Beteiligung an Ausschreibungen für Schulbücher. Eigentlich absurd und ein Beispiel ausufernder EU-Bürokratie, unterliegen doch auch Schulbücher der Preisbindung und ein Buchhändler in Regensburg oder Remscheid die gleichen Preise nehmen muss, wie „Peter und Paula“. „Bis vor rund 20 Jahren haben die damals vier lokalen Buchhandlungen alle Schulen in der Stadt mit Büchern beliefert“, erinnert sich Bernhard Schultz im Gespräch mit Unser Ratingen. Dann beschloss die Europäische Union, einer etwaigen Korruption bei der Vergabe der Aufträge einen Riegel vorzuschieben und verfügte, dass die Aufträge europaweit ausgeschrieben werden müssen. Daher werden die Aufträge heute ausgelost und „Peter und Paula“ lieferte auch Schulbücher u.a. nach Hamburg, München, Bielefeld, Essen und Wuppertal.