„Talschlösschen“: Wie eine alte Linde auf einem Marktplatz

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Begründen im „Talschlösschen“ eine neue Ära: Sandra und Ant Palmer. Foto: M. Machan

(mmm) Die schönsten (Liebes-)Geschichten schreibt das Leben: 2017 lernten sich Sandra und Ant Palmer im „Talschlösschen“, dem urigen Traditionslokal im Ratinger Süden, erst kennen, dann lieben. Seit 2021 sind beide miteinander verheiratet und feiern alljährlich den Tag ihres Kennenlernens im „Talschlösschen“ am 6. Juli. Damit ist die Geschichte noch lange nicht zu Ende, denn 2023 übernahm Sandra Palmer nach einem Jahr Leerstand als Pächterin das „Talschlösschen“. Welch‘ ein Glückfall für den Ratinger Süden (und darüber hinaus), denn so eine familiengeführte Kult-Kneipe an der Ecke, zumal mit einem spannenden Küchen-Konzept, das vor allem die englische Küche im Fokus hat, muss man heutzutage lange (und meistens vergeblich) suchen.

„Es bleibt alles anders … seit 1924“, ist der Slogan, den Sandra Palmer und ihr britischer Ehemann Ant für die neue Talschlösschen-Ära gewählt haben und mit Leben füllen. Das „Talschlösschen“ ist eine Institution: Bereits 1924 öffnete es seine Tore als Café & Bierhaus und ist seitdem ein unverzichtbarer Treffpunkt im Ratinger Süden, für viele aus allen Generationen gar das zweite Wohnzimmer. „Wir sind wie eine alte Linde auf einem Marktplatz“, begrüßt mich Sandra Palmer. Und: „Wir machen die Tür auf und werden jeden Abend zur größten Patchwork-Familie in ganz Ratingen.“ Behutsam hat die 51-Jährige mit tatkräftiger Unterstützung ihres Mannes 2023 dem Talschlösschen ein in jeder Hinsicht neuen Anstrich verpasst, ohne dabei die Tradition und das Erbe der Gaststätte zu verleugnen. Und so kommen die einen, um sich mit Nachbarn und Freunden aus dem Stadtteil auf ein Glas Bier (rekordverdächtige zehn Sorten sind am Hahn) oder Wein zu treffen, die anderen aus Mettmann oder Düsseldorf, um hier „Fish & Chips“ mit original englischen Zutaten zu essen.

Die größte Patchwork-Familie in Ratingen

Für mich – von nebenan aus Haan-Gruiten kommend – ist das Talschlösschen so was wie Liebe auf den ersten Blick: Weil der Gastraum wie die Außenterrasse ungekünstelten Charme und Authentizität vermitteln, weil hier Biere vom Fass in einer Auswahl kommen, die man anderswo lange suchen muss, weil es wunderbare Bio-Weine gibt, weil wir die englische Küche mögen, insbesondere den Pub-Klassiker „Bangers & Mash“ (gebratene englische Wurst, serviert mit Kartoffelpüree und einer Sauce mit karamellisierten roten Zwiebeln) und immer wieder auch Fish & Chips (frittierter Kabeljau mit Chips und hausgemachter Tartar Sauce, leider ohne Zeitungspapier), weil das Pächter-Ehepaar Palmer und ihr Service-Team perfekte Gastgeber sind – weil es immer wieder mal Live-Musik gibt und ehrlicherweise auch, weil ich hier nie lange alleine bleibe.

Das Schönste ist: Alle Gerichte werden frisch zubereitet, vorgefertigte Convenience-Produkte sind tabu. Das Brot wird selber gebacken, die Dips nach eigenen Rezepten zubereitet: Sandra Palmer: „Wir kochen mit viel Herzblut!“ Und zu bezahlbaren Eckkneipen-Preisen, möchte man hinzufügen. Dazu gehört auch die Verwendung von Original-Produkten, für die die Palmers sonntags schon mal in aller Frühe aufstehen. Pfingstsonntag ging es an einem Tag durch den Eurotunnel auf die Insel und wieder zurück, um Nachschub an Essig, Senf, Worcester Sauce und Branston’s Pickles einzukaufen. Gab es für Sandra Palmer je einen Plan-B? „Meinen größten Traum habe ich kennengelernt“, strahlt sie mit Blick auf ihren Ehemann Ant. Die schönsten (Liebes-)Geschichten schreibt ohne Zweifel das Leben.